Miteinander streiten

In letzter Zeit ist der „Zustand unserer Demokratie“ immer wieder auch ins mediale Interesse gerückt. Die politischen Ränder werden stärker, die Systeme komplexer, der Ruf nach dem „starken Mann“, der einfache (oder gar keine) Lösungen für vielschichtige Probleme propagiert, wird lauter.

Dabei ist das Interesse an der Demokratie in Österreich hoch – was mehr als eine halbe Million Besucher im Österreichischen Parlament im Jahr 2023 beweisen. Ich habe als Parlamentarier bereits mehr als 50 Besuchergruppen dort empfangen. In Gesprächen wird häufig die untergriffige Debattenkultur bei Parlamentssitzungen kritisiert – zu Recht. 

Der politische Wettbewerb wird immer mehr zu einem Wettlauf um Aufmerksamkeit. Und oft werden die deftigsten Sager, die untergriffigsten Attacken oder die radikalsten Botschaften mit der größten Aufmerksamkeit – oder anders gesagt – der besten Fernsehzeit oder dem meisten Platz in der Zeitung belohnt. Unser politisches System leidet an einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom. Dabei sollte in der politischen Debatte das Gewicht des Arguments mehr zählen als die Lautstärke am Rednerpult. Natürlich ist „Streiten“ in der Demokratie erlaubt, ja sogar notwendig! Es kommt nur auf die Art und Weise an. Kern der Demokratie ist es ja, aus unterschiedlichen Meinungen um mehrheitsfähige Lösungen zu ringen. 

Unlängst war ich in der Demokratiewerkstatt des Parlaments zu Gast. Dort wird Schülern Demokratie vermittelt. Zum Beispiel haben sie in der Rolle von Journalisten die Möglichkeit, Fragen an die anwesenden Politiker zu stellen. Eine Schülerin fragte mich: „Was überzeugt Sie an der Demokratie?“ Meine Antwort: „An der Idee der Demokratie überzeugt mich, dass wir MITEINANDER streiten und nicht GEGENEINANDER.“ Der wesentliche Unterschied: Miteinander streiten führt zu Lösungen, gegeneinander streiten zu Verwerfungen. Das MITEINANDER sollte in der Politik, aber auch in den Medien wieder stärker in den Mittelpunkt rücken.

Bundesrats-Vizepräs.
Mag. Franz Ebner
Landesgeschäftsführer



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