Seniorendialog „Würde kennt keine Altersgrenzen“

In einem gemeinsamen Dialog mit Experten wurde über das Thema: Würde kennt keine Altersgrenzen diskutiert.

In einer Gesellschaft, in der ewige Jugendlichkeit als erstrebenswert gilt, bringen der natürliche Alterungsprozess und der Eintritt in einen neuen Lebensabschnitt (Pension) viele Herausforderungen mit sich. Wie es gelingt, das Älterwerden zu akzeptieren, diesen Lebensabschnitt zu gestalten und zu genießen sowie die Würde und Selbstbestimmung eines jeden Menschen bis zum Ende aufrecht zu erhalten, darüber hat der OÖ Seniorenbund im Rahmen eines Seniorendialogs mit Experten diskutiert.  

 

Die Experten waren:

 

LH a.D. Dr. Josef Pühringer, Landesobmann OÖ Seniorenbund

Dr. Manfred Scheuer, Diözesanbischof

Mag. Franz Landerl, Berufsgruppensprecher der Lebens- und SozialberaterInnen

Dr. Christina Grebe, Palliativmedizinerin Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck

BR Mag. Franz Ebner, Landesgeschäftsführer OÖ Seniorenbund

 

 

Landesobmann LH a.D. Dr. Josef Pühringer

„Würde kennt keine Altersgrenzen“

 

Die Würde des Menschen beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod – nein, eigentlich geht sie über den Tod hinaus, denn ein würdiges Gedenken an unsere Toten, an unsere Eltern und Vorfahren, ist auch noch Teil der Menschenwürde. Doch was bedeutet Würde im Alter?

 

  1. Würde beginnt damit, dass wir ein richtiges Bild von den Seniorinnen und Senioren haben

Auch in unserer Gesellschaft hören wir oft – bewusst in der Mundart ausgesprochen – „die Oidn“. Da schwingt schon in der Tonlage eine leichte Abwertung bzw. eine Minderwertschätzung mit. Insbesondere, wenn es um Pensionserhöhungen, das Gesundheitssystem oder die Pflege geht, hört man oft Fragen wie: „Was kosten uns denn die Alten noch?“ oder „Was wollen die Alten denn jetzt schon wieder?“

Wir altern alle, werden immer älter, aber wir tun das erfreulicherweise mehrheitlich bei immer besserer Gesundheit und sind immer aktiver, wollen uns einbringen und gestalten. Gleichzeitig sind die in der Gesellschaft vorherrschenden Altersbilder häufig von einem Blick geprägt, der ausschließlich auf die Defizite des Alters gerichtet ist und dessen Potenziale total verkennt. Unsere Aufgabe ist es daher, auch daran mitzuwirken, dass ein neues, der Realität entsprechendes Bild von den Seniorinnen und Senioren in der Öffentlichkeit gezeichnet wird. Natürlich gibt es auch die Hochbetagten, für die wir etwa im Bereich der Pflege bestmöglich sorgen müssen. 

 

In Wirklichkeit müssen wir aber die Fragen stellen: „Was leisten die Älteren, was würde uns fehlen, wenn es die Älteren nicht gäbe?“ „Was wäre eine Gesellschaft ohne die Älteren?“  Diese Fragen werden nämlich selten öffentlich gestellt. Denn die Leistungen der Älteren werden oft als Selbstverständlichkeit gesehen und sehr wohl sehr gerne in Anspruch genommen – man denke an die Pflege, die Kinderbetreuung oder das Ehrenamt. Oft handelt es sich um Bereiche, die schwer bewertbar und erfassbar sind, deshalb sind sie aber nicht weniger wert.

Ein Bereich, der qualifiziert werden kann, ist die Pflege: Rund 80% der Pflegeleistung in Österreich wird in den Familien erbracht, zwei Drittel der pflegenden Angehörigen gehören der Generation 60 bis 75 Jahre an. Zudem sind laut österreichischem Freiwilligenbericht bei den 60- bis 69-Jährigen rund 57%, bei den 70 bis 79- Jährigen circa 43% und bei den ab 80-Jährigen noch immer rund 25% ehrenamtlich tätig.

 

  1. Würde im Alter heißt auch Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen

Zahlenmäßig sind die Seniorinnen und Senioren eine relevante Größe – gesellschaftlich müssen wir uns dafür einsetzen, dass wir es noch mehr werden. Immer wieder ist zu beobachten, dass Ältere an den Rand gestellt werden, aber sie gehören ins Zentrum, sie müssen als wesentlicher und vollwertiger Teil der Gesellschaft anerkannt werden. Als Interessensvertretung wird sich der OÖ Seniorenbund weiterhin dafür einsetzen, dass der Generation 60+ in der Gesellschaft entsprechendes Gewicht beigemessen wird, ihre Stimme gehört wird und ihre Anliegen ernst genommen werden.

 

  1. Würde im Alter – in jeder Lebenslage!

Würde im Alter heißt auch dafür zu sorgen, dass jeder im Krankheitsfall, bei Beeinträchtigungen, im Pflegefall, die bestmögliche Behandlung und Betreuung kommt, auch wenn dies Kosten verursacht.  

Seit Langem ist von Gesundheitsökonomen bei diversen Reformdebatten im Bereich Gesundheit und Pflege zu hören, dass es die Menschen in ihrer allerletzten Lebensphase sind, die das System gewaltig verteuern. Oft schwingt hier, ohne es dezidiert zu sagen, auch die Frage nach dem Sinn dieser Ausgaben mit, wenn doch die Lebensqualität nicht mehr akzeptabel sei.

Natürlich spielt die Frage auch in die Diskussion um die „aktive Sterbehilfe“ voll hinein! Denn aus Ländern, in denen die aktive Sterbehilfe erlaubt ist, wissen wir, dass auch aus Kostengründen ein großer Druck auf die hochbetagten, schwerkranken, dementen oder behinderten Menschen entsteht.

Der OÖ Seniorenbund lehnt jegliche Bewertung menschlichen Lebens nach einer Kosten-Nutzen-Rechnung ab – ökonomische Überlegungen sind hier absolut unangebracht. Die Würde des Menschen ist unantastbar, nicht bezifferbar, nicht bewertbar und steht nicht zur Disposition – die Kosten der Medizin für ein menschenwürdiges Leben und Sterben sind zu tragen.

 

Hier finden Sie die Statements aller Experten